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Wie eine syrische Familie unser Dorf bereichert hat. 

Wie eine syrische Familie unser Dorf bereichert hat. 

30. März 2023
Ein Gastbeitrag von Taf 

Oft höre ich Leute fragen, was Geflüchtete denn auf dem Land sollten. 

 

Seit in meinem kleinen 600 Einwohner Dorf zwei geflüchtete syrische Familien eingezogen sind, bin ich überzeugt davon, dass ländliche Strukturen sogar besonders geeignete  Voraussetzungen für ein gutes Ankommen in einem fremden Land bieten können. 

 

Vor einigen Jahren sprach sich in unserem Dorf herum, dass hier syrische Geflüchtete untergebracht werden sollen. 

Sofort überlegten einige, wie wir diesen Menschen auf ihrem schwierigen Weg helfen können. 

Auf dem Dorf, jedenfalls in unserem, kennt man einander und man fühlt sich auch füreinander verantwortlich. 

Man hilft sich, wenn es nötig ist. Der Andere ist nicht egal. 

Also packten wir es an. 

Zuerst nahmen wir die ziemlich heruntergekommenen Wohnungen in Angriff. 

Mein Freund Christoph z.B. ist Malermeister und strich die Wände frisch. Ein anderer kümmerte sich darum, dass die Armaturen wieder in Ordnung kamen und nahm noch andere Reparaturen vor. Am letzten Tag putzen wir zu sechst, was das Zeug hält. Fenster, Böden,.. alles tippi toppi. Wir hatten eine Menge Spaß. 

Wir sorgten auch für einen Internetanschluss und besorgten Möbel, Geschirr, Töpfe, … eben alles, was man so braucht, wenn man neu anfängt. 

Jeder hatte etwas übrig und am Ende war dann auch pünktlich alles da. 

 

Damals dachten wir, so muss das sein, um Menschen das Gefühl zu geben, willkommen zu sein. 

Eine der Familien blieb leider nur ganz kurz, wurde woanders einquartiert. 

Die andere Familie blieb einige Jahre. 

Vater Zeat, Mutter Mofida und der kleine Sohn Malek. 

Wir wussten natürlich, dass es jetzt erst richtig losgeht und es war uns auch einfach ein Anliegen, die drei weiter auf ihrem schwierigen Weg zu begleiten. 

Besonders schön fand ich, dass es niemals ein „Wir helfen den armen Geflüchteten“ war, sondern ein ehrliches Interesse aneinander. 

Wir waren sehr neugierig, mehr über die Kultur in Syrien zu erfahren und umgekehrt. 

Anfangs war die Verständigung natürlich nicht so einfach. Die beiden sprachen auch kein Englisch und so halfen wir uns mit Händen und Füßen und haben viel gelacht. 

Eine Frau aus dem Dorf arbeitete in einer Behörde und wurde so zur Ansprechpartnerin für alle Formulare. Mofida musste mit den vielen Zetteln nur einmal quer über die Straße… 

Das ist auch ein Vorteil, auf dem Land sind es die kleineren Behörden, die zuständig sind. 

Im örtlichen Sozialamt geht es noch menschlich zu. Die Mitarbeiter nehmen sich Zeit. Da wird erstmal ein Kaffee angeboten bei einem Termin. Manches Mal habe ich Mofida zu den Ämtern begleitet. 

 

Zeat sagte schon sehr schnell, „Ich muss arbeiten – Ich habe immer gearbeitet“. 

Also überlegten wir kurz und riefen Heidi an, die ein kleines Hotel mit Gastronomie im Ort führt. Nach einem kurzen Probearbeiten hatte Zeat einen einfachen Job in der Küche an der Spülmaschine. Er war selig. 

Dadurch machte er auch schnell Fortschritte im Deutsch Sprechen, noch bevor der offizielle Kurs begonnen hat. 

Mittlerweile hat er einen Vollzeitjob in einer Firma in der Stadt, auch dieser wurde durch Kontakte im Dorf vermittelt. 

Kurz nachdem die drei angekommen sind, wurde der kleine Malek eingeschult. Er konnte so gut wie gar kein Deutsch. 

Malek kam darum nach der Schule immer zu mir und wir haben gemeinsam Hausaufgaben gemacht und danach noch gespielt und auch über alles mögliche gequatscht. Manchmal haben wir auch einfach nur zusammen auf der Couch gesessen und seine Lieblingsserie Mr. Bean angeschaut. 

Zu Beginn war es in der Schule nicht leicht für Malek. Er konnte sich nicht gut artikulieren, trug zudem auch allerhand Ängste mit sich herum. Wenn man die Fluchtgeschichte kennt, verwundert das nicht, er war erst drei Jahre alt, als sie mit einem Schlauchboot über das Meer geflohen sind.

Aber auch hier wieder ein Vorteil ländlicher Strukturen, die Schule war klein, kein Stress und viel Geduld. Ein paar Mal ging ich zusammen mit Mofida zu Gesprächen mit der Klassenlehrerin und alles lief unkompliziert. Ich konnte die Lehrerin auch jederzeit kontaktieren, natürlich mit dem Einverständnis von Mofida. 

Wir sorgten zusammen dafür, dass Malek die Nachmittagsbetreuung besuchen konnte und nach einer Durststrecke wurde es immer besser, der Kleine lernte schnell Deutsch und fand Freunde. 

Er wiederholte die zweite Klasse, was ihm sehr gut tat und er wurde ein Mathe-Ass! 

 

Die Bambini Fußballmannschaft bekam durch Malek auch Verstärkung, mittlerweile ist er ein wirklich sehr guter Spieler. 

Eine Zeit lang besuchte er dann auch einen Karateverein in der nahen Kleinstadt. 

Wenn Mofida einen Termin hatte, zu dem sie Malek nicht mitnehmen konnte, bin ich als Betreuung eingesprungen und das sehr gerne. Wir hatten eine Menge Spaß. 

Unser Dorfleben ist sehr geprägt durch Aktivitäten der christlichen Gemeinde und dort wurde die Familie immer wieder zu gemeinsamen Aktivitäten eingeladen. 

Dass die Familie praktizierende Muslime sind, stand dem nicht im Wege. 

So gab es z.B. gemeinsames Kochen, Ausflüge, oder Legotage für die Kinder, wo Malek begeistert mit von der Partie war.

Ich bin überzeugt davon, dass Integration nur funktioniert, wenn es nicht dieses Helfer – Bedürftigen – Gefälle gibt. 

Es geht um Würde und Würde, empfindet  jemand, der gebraucht wird. 

So bekam nicht nur die Familie Hilfe von uns, sondern hat umgekehrt auch uns bereichert und geholfen. 

Wenn ich nur an die wunderschönen Abende mit syrischen Speisen denke, zu denen Mofida immer wieder eingeladen hat, sie ist eine großartige Köchin und hat uns jedesmal fürstlich bewirtet. 

Wir saßen oft lange zusammen, haben gegessen und uns ausgetauscht. 

Unvorstellbar übrigens die Erzählungen von der Flucht, oder über die Kämpfe damals in Damaskus. 

Aber auch Erzählungen über ihre Hochzeit, von der wir wunderschöne Fotos und Videos angeschaut haben. 

Umgekehrt haben wir auch zu uns zum Essen eingeladen.

 

Wenn ich mal krank war, brachten Zeat und Mofida Unmengen an leckeren Speisen vorbei. 

Und, dem Himmel sei Dank, macht Zeat mittlerweile jedes Jahr meinen Reifenwechsel. 

 

Einmal machte Zeat eine Wasserpfeife zurecht und lud mich ein, zu rauchen. Ich hatte zuvor noch nie Wasserpfeife geraucht und dachte ich müsste sie in einem durch bis zum Ende rauchen. Zeat hatte wohl zu viel Anstand, um mich zu stoppen, und ich wollte höflich sein … 

Erst, als ich bestimmt schon grün im Gesicht war und mir richtig schlecht war, traute ich mich zu sagen, dass ich genug habe. Zeat wechselte dann das Mundstück und nahm auch ein paar Züge und sagte, er habe sich gefragt, ob ich ihm noch etwas übrig lasse… 

 

Ja, so war das, wir wurden uns schnell vertraut und dann zu Freunden. 

Wir können uns aufeinander verlassen. 

 

Seit einigen Monaten wohnen die drei nicht mehr im Dorf, sie mussten die städtische Wohnung leider verlassen. Gerne wären sie geblieben. 

Sie leben jetzt 15 km entfernt in der Stadt. Aber die Kontakte waren geknüpft und halten an. Wir besuchen uns, wir telefonieren und nehmen gegenseitig an unserem Leben teil. 

Zeat ist mittlerweile fester Bestandteil der Belegschaft seiner Firma. 

Als nächstes steht die Einbürgerung an, die drei möchten unbedingt Deutsche werden. 

Im Flur der neuen Wohnung hängt eine Deutschland-Flagge.

„Wir lieben Deutschland“, sagen sie oft. 

 

Malek erzählte mir neulich, dass er eine Empfehlung fürs Gymnasium hat, das Gymnasium übrigens, welches auch ich besucht habe. 

Und dann umarmte er mich und sagte: „Wenn ich mal reich bin, kaufe ich dir das schönste Haus der Welt“ . 

Während der intensiven Jahre miteinander habe ich mich oft gefragt, wie Integration ohne die ganzen ehrlichen Beziehungen und Vernetzungen, wie sie in unserem Dorf gegeben sind, gelingen soll. 

Und ich habe mich gefragt, wie es sich anfühlen muss, wenn man lediglich eine Nummer, ein Aktenzeichen, in einer anonymen Stadt ist. 

Es war so wichtig, dass es sich um echte Beziehungen gehandelt hat, die wir miteinander geknüpft haben. 

Alles passierte von Anfang an auf Augenhöhe, wir hatten ehrliches Interesse aneinander. 

Die Familie gehörte zur Dorfgemeinschaft, sie waren wichtig und sie wurden ernst genommen im besten Sinne. 

Die Familie war kein „Fall“, sondern die Menschen, die mit uns zusammen lebten. 

Das war für diese Familie die Grundlage für einen guten Start in ihr neues Leben. 

 

Oft höre ich Leute fragen, was Geflüchtete denn auf dem Land sollten.

Hier ein Gastbeitrag der zeig wie es geht! #refugeeeswelcome https://t.co/wYW35kE6vC

— ZIVD e.V. (@ZIVD_eV) April 3, 2023
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